Dienstag, 30. Juli 2013

BLANCHE (3)

In der Festung. Le Vieux verhört Antoine de Fleur.
-Gesteht, Kerl, daß Ihr meine Tochter rauben wolltet.
-Was für eine Tochter?
-Blanche.
-Nie gehört.
(...)
-He, Zellenmeister, wie wär's mit 'nem kleinen Spielchen.
-Um was spielen wir?
-Um meinen Degen!
-Gute Idee, ein schönes Stück.
Antoine de Fleur, einer der größten Falschspieler seiner Zeit, gewinnt natürlich. Er nimmt den Degen und setzt ihn dem Kerkermeister an die Kehle.
-Die Schlüssel, Wurm! Und merke Dir! Spiele nie wieder mit einem Genie!
Auf der Flucht sticht De Fleur dem Gärtner ins Bein, den er für einen Häscher hält.
(...)
De Bergerac ist die ganze Nacht durchgeritten und hat die Häscher in die Irre geführt. In einem Gasthof macht er halt.
Ein Gast: Man sagt, de Bergerac wolle die Tochter von Le Vieux entführen.
Ein anderer Gast: Wißt Ihr, wie er aussieht?
-Er ist groß, trägt einen Degen und riecht nach Parfüm.
De Bergerac sitzt in der Ecke der Keipe, den Hut ins Gesicht gezogen.
-Sagt, Wirt, hat er eine Tochter?
-Ja, Sire.
-Dann bring er sie mir. Und stell er mir keine dummen Fragen. Wir langweilen uns nicht gerne.
Die Tochter kommt.
-Du bist also das schöne Kind, das uns heute nacht unterhalten wird.
-Wenn Ihr es wünscht, Herr.
-Siehst du, Kerl, deine Tochter hat mehr Verstand als du.
(...)
Am nächsten Morgen begibt sich de Bergerac zum Quartier von Louis d' Hautevolee. Im Hof steht sein Pferd, das Unsummen gekostet hat. Auf dem Sattel steht eingraviert: Hinz und Kunz können sich das nicht leisten.
-Na, de Bergerac, wieder mal Ärger mit Le Vieux. Was gibt's denn diesmal: Überfall, Tochter befreien...sehr gefährlich, nehmt lieber diese hier!
-Ihr wißt, mon ami, daß ich in meinem tieftsten Inneren nur die Jungfer Blanche liebe...
-Ihr redet wie ein Poet. Ich bin gerührt. Macht es wie ich: Wein, Frauen, teure Pferde.
-Aber die Liebe...
-Sentimentaler Narr, der Ihr seid!
-Wollt Ihr also kneifen?
-Ich, Louis d' Hautevolee, niemals!
-Bon, ich habe einen Plan.
-Und der wäre?
-Wir gehen hin, treten die Tür ein, stechen die Wächter nieder und verschwinden mit Blanche.
(...)
Zwei Reiter stehen vor der Festung.
D' Hautevolee:
-Was tun, sprach Zeus?
De Bergerac:
-Gekommen bin ich zu befreien-die Jungfer Blanche-aus des Tyrannen graus'gen Fängen...
Ein Wächter:
-Habt Ihr das öfters?
-De Bergerac geheißen-bei Freund beliebt-bei Feind gefürcht'-Poet und Musketier, wenn es beliebt...
D' Hautevolee:
-Schweigt endlich, Narr!
-So laßt mich nun verrichten, was mir mein Herz gebeut...gebt also frei, den Weg...auf daß ich schreite zu befrei'n mein Glück aus der Ummauerung Umarmung...doch weigert ihr's, so weiß ich wohl, Pistol' und Degen zu gebrauchen...
-Was meint Euer armer Freund!
-Wir wollen Blanche, Cretin!
(...)
Der Rest ist schnell erzählt. D' Hautevolee schlägt den Wächter nieder. Unsere beiden Helden stürmen zur Zelle von Blanche. D' Hautevolee, ein Mann der Praxis, tritt die Tür ein. De Bergerac erteilt einigen Wächtern Fechtunterricht:
-Seht Ihr, so müßt Ihr das machen, Parade-Riposte...
Blanche tritt aus der Zelle:
-Francois, Ihr?
-Francois bin ich gewesen, von nun an, Michel de Bergerac, Poet und Musketier, wenn es beliebt.
Blanche fällt in Ohnmacht.
D' Hautevolee, wie gesagt ein Mann der Praxis, wirft sich Blanche über die Schulter.
-Tödelt nicht rum, de Bergerac, Ihr braucht immer so lange für alles.
Er wirft einige Münzen vor die restlichen Schergen, die de Bergerac mit dem Degen auf Distanz hält. Diese balgen sich um die Münzen.
-Seht Ihr, de Bergerac, mit Geld erreicht man alles.
-Geld verdirbt den Charakter.
-Wie man sieht.
Dann fliehen die beiden Musketiere mit Blanche aus der Festung. De Bergerac haut mit dem Degen um sich.
Draußen wartet schon Heloise und d' Hautevolees sündhaft teures Pferd. D' Hautevolee legt Blanche quer über das Pferd. Dann preschen unsere Freunde los, eine Staubwolke hinterlassend.
De Bergerac:
-Ich werde ein Epos schreiben: La bataille de...
-Schweigt, Ihr Narr!
Was aus ihnen geworden ist:
De Bergerac heiratete Blanche und schrieb Gedichte und verarmte noch mehr. D' Hautevolee eröffnete einen exklusiven Salon. Über dem Eingang stand: Hinz und Kunz kommen hier nicht rein.
Antoine heiratete die Schwester von Blanche und überlegte, ob er Le Vieux besser erstechen oder erschießen sollte.
Le Vieux wurde schließlich abgesetzt und in Rente geschickt. (Man ist ja nicht nachtagend...oder doch?)
Eines Tages wurde Le Vieux an der Friedhofsmauer mit einem kleinen Einstich gefunden...
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BLANCHE (2)

Eine Wiese, ein Tisch mit köstlichen Speisen, Rotweinlaschen, eine ist umgefallen, darüber ein Sonnensegel, ein Schminktisch, Puderdosen. Michel de Bergerac macht sich vor dem Spiegel zurecht. Sein Hemd ist voller Rotweinflecken. Wir sehen de Bergerac bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Frauen und Wein. Eine vollbusige Magd schenkt ihm nach. Sein Degen steckt in der Wiese und bewegt sich im Wind. Er grabscht vergeblich nach der Magd.
-Aber Sire!
De Bergerac rappelt sich hoch, stolpert über seinen Degen und flucht.
-Mehr Wein, Weib!
Da taucht ein Reiter auf. Es ist Antoine de Fleur. Er hält de Bergerac eine Flasche Wein hin.
-Schaut mal, was ich da hab'! Reserve du Roi.
-Wo habt Ihr den her?
-Habe gestern einen Transport von Le Vieux überfallen. Es gab Tote.
-Und?
-Hört, de Bergerac, das Volk leidet, und Ihr freßt und sauft.
-Das Volk kann mich mal!
-Nun, wenn Euch das nicht rührt....Le Vieux hat die Jungfer Blanche auf die Festung bringen lassen. Beeilt Euch, de Bergerac, Ihr braucht immer so lange!
-Mein Degen, mein Schminkzeug, die Bürsten, bin gleich soweit.
Sie preschen los. Da tauchen in ihrem Rücken die Häscher von Le Vieux auf.
-Ich habe einen genialen Plan, de Fleur. Ihr reitet nach Osten, ich nach Westen.
-Ihr seid wahrlich ein Genie, de Bergerac!
Dummerweise folgen alle Häscher de Fleur.
-Armer de Fleur, er hat immer so viel Pech!
(...)
Am Abend kommt de Bergerac an einem einsamen Gehöft an.
-Heda, Wirt, Wein, was zu essen, Deine Tochter, schnell!
-Aber Sire, sie ist noch so jung.
-Sieht er diesen Degen, Kerl?
Der Wirt holt dienstbeflissen die Tochter.
-Verschwinde, wir wollen alleine sein!
De Bergerac war ein großer Zecher vor dem Herrn, der allerdings nie bezahlte.

Am nächsten Morgen wacht de Bergerac verkatert auf. Die Sonne scheint durchs Fenster. Er liegt mit Stiefeln im Bett. Neben ihm die Tochter des Wirts. Von draußen tönt es:
-De Bergerac, wir wissen, daß Ihr da drinnen seid. Das Haus ist umstellt. Euer Spiel ist aus!
Er geht ans Fenster:
-Ha, ihr Knechte, ihr glaubt, mich fangen zu können, mich Michel de Bergerac?
-Wir haben Euren Spießgesellen Antoine. Er sitzt in der Festung. Ergebt Euch!
-Niemals!
Schüsse fallen. Die Tochter des Wirts kreischt.
-Still, Weib!
Die Häscher dringen ins Haus ein. De Bergerac schießt. Einer fällt zu Boden.
-Ha, nur noch 5!
Die anderen stürmen die Treppe hoch. De Bergerac wirft den Nachttopf nach ihnen.
-Nehmt das.!
Ein weiterer Häscher nähert sich. De Bergerac macht eine Finte, einen Ausfall und sticht zu.
-Nur noch 3!
-4!
-Stimmt, 4!
De Bergerac tut nun das einzig Vernünftige, wenn es brenzlig wird: er türmt. Er stürmt ins Schlafgemach zurück und klettert aus dem Fenster. Die Tochter des Wirts kreischt wieder.
-Still, dummes Weib!
Er pfeift, und da kommt schon sein treues, intelligentes Pferd Heloise. Er schwingt sich in den Sattel.
-Opp, opp, ma chère!
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R.

BLANCHE (1)

Wir schreiben das Jahr 1666. Die Gascogne wird von einem unnachgiebigen Zwingherren beherrscht: sein Name ist Le Vieux. Das Volk zittert und darbt, doch drei aufrechte Musketiere leisten Widerstand und beugen sich nicht der Tyrannei. Es sind Michel de Bergerac, Antoine de Fleur und Louis d' Hautevolee. Überall hängen Steckbriefe von ihnen, doch da sie gut mit Pistole und Degen umgehen können, konnte man sie bisher nicht fassen.

Ein gepflegter Park. Orangenbäume, Statuen. Blanche, die Tochter von Le Vieux und Michel de Bergerac flannieren.
-Seid die Meine, Blanche!
(Er stolpert über seinen Degen.)
-Das geht nicht, Francois. Ihr seid verarmter Nichtadel und ich die Tochter des mächtigen Le Vieux. Außerdem seid Ihr kein Held wie-Michel de Bergerac. Der hat keine Angst. Er würde sich sogar hierher trauen, in die Höhle des Löwen...aber Ihr, Francois, Ihr beliebt zu scherzen.
-Sagt, Blanche, kennt Ihr de Bergerac?
-Nein, noch niemand hat ihn gesehen. Er muß groß sein und heroisch...
-Würdet Ihr ihn gern kennenlernen?
-Kennt Ihr ihn etwa?
-Nun ja...flüchtig, ein wenig...er ist sehr geheimnisvoll.
-Was gäbe ich, ihn kennenzulernen!
-Ihr werdet ihn kennenlernen.
-Ihr treibt Euer Spiel mit mir, Francois, und verspottet eine arme Jungfer. Doch seht, da kommt ja mein Vater!
-Ich muß dringend gehen, Blanche. Lebt wohl.
Mit diesen Worten schwingt sich de Bergerac über eine Gartenmauer. Dahinter steht Heloise, sein intelligentes Pferd. Am Schweif trägt es ein hellblaues Schleifchen. De Bergerac springt in den Sattel und prescht davon.
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R.